Leben mit einem Kriegsverbrecher – Lina Heydrich – ISBN: 3778710257

Ich habe einige Zeit überlegt, ob das Buch in diese Datenbank eingepflegt werden sollte. Aber es handelt sich immerhin um ein vergriffenes und antiquarisches Exemplar, dass nicht auf dem Index steht.

Sein brisanter Inhalt gab in der Vergangenheit oft Anstoß für die eine oder andere Diskussion über die nationalsozialistische Zeit und deren Verarbeitung in den Köpfen derer, die diese miterlebt haben.

Die Autorin Lina Heydrich heiratete am 26. Dezember 1931 [[Reinhard Heydrich]], den eigentlichen Organisator des [[Holocaust]]s, der 1941 von Hermann Göring mit der so genannten [[Endlösung der Judenfrage]] beauftragt wurde. Heydrich war außerdem SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) und Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren.

Das Buch beschreibt eindringlich das Leben zur Zeit der NSDAP Herrschaft in Deutschland und gibt Einblicke in das Familienleben des Gestapochefs. Es ist sozusagen ein autobiographischer Bericht Lina Heydrichs. An der Seite ihres Mannes Reinhard Heydrich verbrachte sie 11 Jahre. Im Mai 1942 wurde Reinhard Heydrich bei einem Attentat in Prag schwer verletzt und verstarb wenige Tage später.

Das Buch ist ein Novum unter den Novitäten, denn die aufschlussreichen Geständnisse der Witwe einer der einstmals mächtigsten und gefürchtetsten Schlüsselfiguren der Hitler-Herrschaft sind mehr als die übliche Memoiren-Literatur, deren Rechtfertigungscharakter gerade bei früheren NS-Größen immer Vorbehalte nötig macht.

Lina Heydrich aber bekennt sich in diesem Buch völlig ungeniert zu ihrer braunen Vergangenheit und sieht in ihrem Gatten ganz sicher keinen Kriegsverbrecher. Auch sie rekrutierte viele Häftlinge aus dem KZ Theresienstadt und setzte sie als Arbeiter auf ihrem Landsitz ein, auf dem zu diesem Zweck ein Außenlager errichtet wurde.

Selbstredend war des “Deutschen Reiches Müllkipper“, der in selbstloser, “sozusagen körperlosen Hingabe” den “scheußlichsten aller scheußlichen Berufe” ausüben musste, wie Lina Heydrich wortgewaltig das blutige Handwerk ihres einstigen Mannes, das große Morden im Zeichen der SS-Runen umschreibt, privat auch ein Mensch mit menschlichen Zügen.

So wird in diesem Buch Reinhard Heydrich denn auch erstmals nicht als Gruselfigur aus dem Schreckenkabinett des Dritten Reiches, nicht als Schablone, sondern als ganz “normaler” Mensch mit Stärken und Schwächen gezeigt. Eben aus der Sicht der Ehefrau, die diesen Mann liebte.

Das Buch ist mehr als eine Heydrich-Biographie aus der Ehefrau-Perspektive. Es gibt gerade in seiner unverfälschten Originalität als Dokumentaraussage einer “ewig Gestrigen” auch interessante Einblicke in das Denken und Handeln des ganzen “braunen Adels“, der Herren am Hofe Adolf Hitlers, wie sie so intim bislang noch kaum geboten wurden.

Man liest von Intrigen und Kabalen unter Hitlers engsten Vertrauten, vernimmt aufschlussreiche “Insider“-Interpretationen zu einschneidenden Ereignissen in der NS-Zeit, wird in langen Passagen mit dem Antisemitismus der Heydrichs vertraut gemacht, der wohl weithin identisch mit den heute unglaublich erscheinenden offiziellen Auffassungen in der NS-Führungsschicht gewesen sein dürfte, erhält Auskunft über so delikate Details wie über den zu Spionagezwecken etablierten Berliner “Salon Kitty” und erfährt nicht zuletzt, was die hohen Herrschaften denn so voneinander hielten – und das war nicht immer sehr fein, wie Lina Heydrich zu berichten weiß.

Und in der Tat, in seiner originalen Unverfälschtheit spricht das Buch der Lina Heydrich Bände. Allerdings wäre es unerträglich, hätte ihm der Verlag nicht einen Anhang beigegeben, mit dem er sich kritisch kommentierend von den Auslassungen der Heydrich-Witwe distanziert.

Die Kommentare stammen von [[Werner Maser]], der sein ganzes Leben der Forschung über die Geschichte der NSDAP, des Dritten Reiches und insbesondere Adolf Hitlers widmete. Unter dieser beratenden Tätigkeit wagte der Ludwig Verlag im Jahre 1976 die Veröffentlichung des Manuskriptes unter der ISBN: 3778710257 bzw. 978-3778710258.

Literarische Qualitäten mag man dem Buch nicht absprechen. Keine Frage, Lina Heydrich kann schreiben und hat geradezu schriftstellerisches Talent. Ergänzt werden die 211 Seiten Text mit vielen z. T. ganzseitigen Foto-Abbildungen und Faksimiles auf Kunstdruck-Tafeln.

Als einmaliges zeitgeschichtliches Dokument, dass intimste Einblicke in die Welt der NS-Hierarchie ermöglicht und so durchaus der forschenden Durchleuchtung der Hitler-Ära dienlich sein kann, stelle ich den Artikel über dieses Buch online. Eine Umfrage zu einer eventuellen Widerauflage erspare ich mir aber an dieser Stelle.

Ich hoffe, die Exemplare die im Umlauf sind, befinden sich in verantwortungsvollen Händen. Im Besitz von Jugendlichen oder Erwachsenen, die sich in der Vergangenheit nicht ausreichend über die nationalsozialistische Zeit informiert haben, hat dieses Buch nichts zu suchen.

Auf ebay wurden seit dem 09.04.2005 nur 47 Exemplare des gesuchten Buches verkauft. Zwischen 51,50 und 489,- Euro gaben die Käufer bei einem Durchschnittspreis von ca. 142,- Euro dafür aus. Weitere Informationen sind bei Bedarf verfügbar.

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2 Kommentare

  1. Is er een Hollandse vertaling van

  2. Hallo Will,

    Bij mijn weten is er geen Nederlandse vertaling van het leven met een oorlogsmisdadiger. 🙂

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